Der spirituelle Hintergrund für meine „Grünen Quadratbilder“
„Form ist Leere und Leere ist Form“
„Om mani padme hum“
Reines Bewusstsein ist das Juwel im Herzen der Form (Das heilige Sanskrit-Mantra)
Meine spirituelle Entwicklung und meine Kunst haben immer einen Zusammenhang.
Meine weißen Quadratbilder haben mit der Leere zu tun. Die weiße Fläche stellt die Leere dar, aus der alle kommt und alles zurückgeht. Mit dieser transzendenten Wirklichkeit sind wir durch unser Gewahrsein – dem reinen Bewusstsein ohne Inhalt – verbunden. In diesem reinen Bewusstsein können wir zur Ruhe kommen. Auf dem kontemplativen Weg in diese Leere besteht die Gefahr, dass wir uns von der äußeren Wirklichkeit, von der Form, abwenden, die wesentlich zur ganzen Wirklichkeit dazu gehört. Religiös kann man sich das so vorstellen: Im gleichen Moment, da Gott sich selbst aus dem Nichts erschafft, erschafft er auch die äußere Wirklichkeit, in der er sich gewahr sein kann. Wenn wir den Bezug zur äußeren Wirklichkeit verlieren, wenn wir die „Bodenhaftung“ verlieren, verlieren wir auch den Bezug zu dem, was wir als Ganzes sind: Form und Leere.
Auch in der Form, in der Schönheit und Wahrheit der äußeren Wirklichkeit, können wir zu unserem Grund zurückgeführt werden. Das ist die Aufgabe der Kunst: Kontemplation der „äußeren“ Wirklichkeit.
Die drei Seiten einer Medaille
Die erste Seite ist der Bereich er Transzendenz, das Meer aller Möglichkeiten, das Nullpunkt-Feld der Physik, die Potenzialität, die Leere.(Meine weißen Quadratbilder)
Die zweite Seite ist unsere „materielle“ Wirklichkeit, unsere „äußere“ Welt, die Form. (Meine grünen Quadratbilder)
Die dritte „Seite“ ist das ewige Werden und Vergehen, Geburt und Tod, die die beiden anderen Ebenen verbindet. (Meine schwarzen Quadratbilder)
Alle drei Bereiche durchdringen einander und bilden eine Einheit.
In christlicher Terminologie sprechen wir vom „Vater“ – dem Grund aller Wirklichkeit, der den „Sohn“ zeugt, in dem alle „äußere“ Wirklichkeit enthalten ist und dem „Heiligen Geist“, dem Schöpfer-Geist, der beide Wirklichkeiten wechselseitig verbindet und eine Einheit mit ihnen bildet. In der Dreifaltigkeitslehre nennt man das Perichorese (Durchdringung). Im Hinduismus wird der Zerstörer mitgedacht.
Auf unsere Erfahrung bezogen
Beim transzendenten Bereich, der Leere, geht es um das reine Bewusstsein ohne Inhalt, um das Gewahrsein. Das, was wir, wenn wir uns fragen, wer wir tatsächlich sind, ist, dass wir sind. „Ich bin“ ist das Einzige was unabweisbar für uns ist. Diese Erfahrung ist mit der Erfahrung der Leere, der Stille, des Schweigens verbunden. „Ich bin“ als Erfahrung des Gewahrseins findet immer im „Jetzt“ statt. Das „Jetzt“ ist auch das Einzige, was real ist. Das „Jetzt“ ist aber ein Zustand und keine Zeit, ein Zustand der Gegenwärtigkeit. Zeit ist nur eine Gedankenkonstruktion.
Wie uns auch die Naturwissenschaft sagt, ist der Grund unserer Wirklichkeit nicht etwas Materielles, was auch immer man darunter verstehen kann, sondern eher Information, also etwas Geistiges. Alle erfahrbare Wirklichkeit wird auf unserer Erfahrungsebene durch Bewusstsein geschaltet, aus dem Meer der Möglichkeiten, aus der Leere.
Dazu zwei Texte von Eckhart Tolle
„Sobald du deine Aufmerksamkeit auf etwas Natürliches richtest, auf irgendetwas, dessen Existenz sich ohne menschliches Zutun entfaltet, trittst du aus dem Gefängnis des begrifflichen Denkens heraus und hast bis zu einem gewissen Grad Anteil am Zustand der Verbundenheit mit dem Sein, in dem sich alles Natürliche noch befindet. Einem Stein, Baum oder Tier Aufmerksamkeit zuzuwenden heißt nicht, an sie zu denken, sondern sie einfach wahrzunehmen und im Bewusstsein zu halten. Dann teilt sich dir etwas von ihrem Wesen mit. Du spürst, wie still sie sind, und dabei entsteht dieselbe Stille auch in dir. Du spürst, wie tief sie im Sein ruhen – wie sie vollkommen eins sind mit dem, was sie sind und wo sie sind. Indem du das wahrnimmst, findest auch du tief in dir selbst einen Ruheplatz.“ S. 80
„Wenn du in der Natur wanderst oder ruhst, solltest du sie würdigen, indem du voll und ganz da bist. Sei still. Schaue. Lausche. Sieh, wie Tiere und Pflanzen vollkommen sie selbst sind. Im Gegensatz zu Menschen spalten sie sich nicht in zwei auf. Da sie ihr Leben nicht aus einer mentalen Vorstellung von sich selbst schöpfen, brauchen sie sich auch nicht darum zu bemühen, diese Vorstellung zu schützen und zu bestärken. Das Reh ist es selbst. Die Narzisse ist sie selbst. Alles in der Natur ist nicht nur eins mit sich selbst, sondern auch mit der Totalität. Es hat sich nicht aus dem Gefüge des Ganzen getrennt und behauptet nicht, für sich allein zu existieren: »Ich« und der Rest des Universums. Die Betrachtung der Natur kann dich vom Ich befreien, diesem großen Störenfried.“ S. 81
Eckhart Tolle: STILLE SPRICHT Wahres Sein berühren, München 2003