Meine Bilder bis 2005
Stufen existentieller Erfahrung (die folgenden sechs Bilder)
Vor zwei Wochen habe ich ein Seminar über Meister Eckhart gemacht. In der Folge lese ich gerade ein Buch von Torwesten über die Grundaussagen der mystischen Religionen. Dabei stieß ich heute auf das Symbol des Kreuzes und es fiel mir ein, dass ich vor einiger Zeit (2001) ein Bild mit einem Kreuz gemalt hatte. Das Bild gehört in eine Sechserreihe. In dem Zusammenhang hatte ich über das Symbol des Kreuzes in einem Buch des evangelischen Theologieprofessors Schwarzenau gelesen. Soweit ich mich erinnere hatte ich dabei die Erfahrung einer seltsamen zeitliche Beziehung meiner Bildserie zu dem Inhalt des Buches feststellte. Seltsam dabei war, dass die Bilder früher gekommen waren. Wieder seltsam, dass dieses Buch seit einigen Monaten wieder auf meinem Lesetisch liegt. Dieser Hintergrund hat mich zu dem Plan gebracht, diese Reihe auszustellen. Bisher fand ich sie für Betrachter für zu unverständlich. Daher hängen sie auch im Kellerflur.
Einen Namen hatte ich dieser Reihe noch nicht gegeben. Nach längerem Nachdenken bin ich zu obigem Ergebnis gekommen. Es könnte auch heißen „Auf dem Wege zum Grunde der Wirklichkeit“. Eine Erfahrung auf diesem Wege kann sich aus der anderen ergeben, man kann aber auch auf den einzelnen Stufen stehen bleiben.
Kinderbild
Stufen existentieller Erfahrung 1/6
Die Bilderreihe in Gang gebracht hat ein Kinderbild. Drei einfache Symbol übereinandergesetzt: Unten ein paar schwarze Striche, dann ein mit ein paar blauen Strichen gemaltes quadratische Gesicht mit zwei verschiedenen Augen und darüber eine gelbe Sonne. Das hat mich gleich fasziniert: Die Unterwelt, die Welt der Mater/Materie und der Bereich des Göttlichen. Beim Kind vielleicht die Erfahrung des Bösen (in Form des Getrenntseins) und einer schon aufkeimenden Ahnung vom Tod, dann die ambivalente Erfahrung des Mütterliche – es handelte sich um einen Jungen von etwa vier, fünf Jahren, das weiß ich aber nicht mehr so genau -, und die Ahnung von einer hellen, sonnigen Welt.
Trennung – Bedrohung durch den Tod
Stufen existentieller Erfahrung 2/6
Das zweite Bild, das dann in meinem Bewusstsein auftauchte, ist durch einen schwarzen Keil bestimmt, der das Bild spaltet. Auf der einen Seite eine noch junge, blühende Blume, auf der anderen Seite eine schon im Verwelken begriffene Sonnenblume. Ich glaube ich habe das damals als die Spaltung des Lebens durch den Tod interpretiert. Vielleicht auch die Welterfahrung im Dualismus, der Trennung von Subjekt und Objekt, Ich und Welt.
Fraglose Frömmigkeit
Stufen existentieller Erfahrung 3/6
Das dritte Bild besteht aus zwei blauen Flächen außen und einer grünen innen, die durch zwei breite vertikale schwarze Striche voneinander getrennt sind. Dazu ist mir nichts eingefallen. Heute fällt mir dazu ein, dass die grüne Fläche in der Mitte vielleicht mit meinem Bild „Psalm 23“, „Der Herr ist mein Hirt. Er weidet mich auf grüner Au“, zu tun hat. Also eine etwas fraglose Frömmigkeit, mit der man zwar gut leben kann, die aber evtl. schweren Belastungen nicht standhält.
Kreuz und Opferblut
Stufen existentieller Erfahrung 4/6
Das nächste war das „Bild mit rotem Grund und schwarzem Kreuz“. Es könnte die Kreuzeserfahrung der vollständigen Hingabe des blutigen Opfertodes Jesu von Nazareths darstellen und ähnliche Erfahrungen, die Menschen machen müssen. In dieser Hingabe geschieht Tod und Auferstehung: die vollständige Verlassenheit („Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!“) – s. nächstes Bild dieser Reihe – und die Erfahrung der endgültigen Erlösung und Befreiung („Es ist vollbracht!“) – s. letztes Bild.
Das Kreuz ist ein Symbol der Ganzheit und tief in uns verankert. In der Mitte des Kreuzes treffen sich Horizontale und Vertikale. Die Welt und das Göttliche werden vereint im letzten Grund aller Wirklichkeit, in der Gottheit des Meister Eckharts.
Das bildlose Dunkel des nackten Seins
Stufen existentieller Erfahrung 5/6
4. Februar 2002
Zu meinem Bild, signiert am 22.4.01, habe ich einen interessanten Text gefunden. Aber vielleicht erst etwas zur Vorgeschichte.
Das Bild entstand nach dem Bild mit rotem Grund und schwarzem Kreuz. Ich hatte das Bedürfnis, ein Bild mit nur schwarzer Fläche in dieser Reihe zu machen, monochrom schwarz. Dass mich plötzlich eine schwarze Fläche so anzog, hat mich eigentlich erschreckt. Schwarz ist ja nun wirklich nicht meine Farbe. Den ganzen Urlaub über in Slowenien drängte es mich aber, dieses Bild zu malen. Zu meiner Verwunderung tat es mir dann sogar sehr gut, das Bild anzuschauen. Als ich dann einen Titel suchte, fiel mir nur aus der Alchemie der „Bleizustand der Schwärze“ ein, der aber eigentlich nicht zu meiner Freude am Schwarz passte und Jonas im Bauch des Fisches. Beide haben allerdings die Tendenz zu einer Erlösung oder Befreiung: im Gold oder eben wieder aus dem Fisch befreit zu werden. Auch „Die dunkle Nacht der Sinne“ des Johannes vom Kreuz fiel mir noch ein. Das habe ich dann aber nicht noch auf den Rahmen geschrieben.
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9. Februar 2002
Nun der oben genannte Text: In einem so genannten Satsang mit OM C. Parkin stellt ein Teilnehmer die folgende Frage: Wie ist es, wenn ich das Gefühl habe, ich blicke zurück in das Bewusstsein, das ich wie eine Art ‘schwarzen Nachthimmel’ empfinde und auch als etwas, was nichts ist und zugleich etwas, worin ich mich sogar wohl fühle. Dennoch habe ich immer noch das Gefühl, getrennt zu sein. Ich bin derjenige der dieses dunkle schwarze Nichts betrachtet. Ich bin immer noch der Beobachter, und da ist das Beobachtete. Muss ich mich einfach umwenden, wenn ja: Wie kann ich das tun?“ (aus: Parkin, OM C: Die Geburt des Löwen, Freiburg 1998, S. 231)
15. Februar 2002
Bei Williges Jäger habe ich noch einen interessanten Hinweis zu meinem schwarzen Bild gefunden. Er zitiert dort den Verfasser der „Wolke des Nichtwissens“ aus einem weiteren Werk mit dem Titel: „Schauen ins nackte Sein“. Er spricht dort von dem Blick ins bildlose Dunkel des eigenen nackten Seins. Eine letzte Stufe vor der Vereinigung mit dem göttlichen Grund. Dieses eigene nackte Sein ist noch ein Objekt. Die Subjekt-Objekttrennung ist noch nicht aufgegeben. Diese Trennung kann nur durch die vollständige Aufgabe des Ichs erreicht werden. (s. Jäger, Williges: Suche nach der Wahrheit, Petersberg 1998, S. 212-215).
Erfahrung der blühenden Wüste – Einssein mit dem Grund
Stufen existentieller Erfahrung 6/6
Das letzte Bild in dieser Serie wird vom Grün beherrscht. Grün steht für Vegetation und Leben. Wir sehnen uns nach einem harten Winter nach dem Grün des Frühlings. „Grün ist für die Wüstenvölker die Farbe des Lebens und Überlebens überhaupt. Darum ist Grün die Farbe der Fahne des Propheten Mohammed und seiner arabische Anhänge: Zeichen aller Materiellen und spirituellen Güter, Farbe des Heils.“ (Ingrid Riedel)
Die symbolische und archetypische Bedeutung von Grün ist so vielfältig, dass sie hier nur angedeutet werden kann. Es hat u.a. mit der „Heiligen Hochzeit“ zu tun, in der Altes sterben muss, damit neues entstehen kann und mit Ostern, dem Fest der Auferstehung im Frühjahr. Hildegard von Bingen besingt das Grün in einem Hymnus:
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O edelstes Grün, das wurzelt in der Sonne
Hildegard von Bingen
Und leuchtet in klarer Heiterkeit
im Rund eines kreisenden Rades,
das die Herrlichkeit des Irischen nicht fasst;
du Grün bist umschlossen von Liebe,
umarmt von der Herzkraft himmlischer Geheimnisse.
Du rötest wie der Sonne Glut:
O nobilissima veriditas!
Auf das Bild bezogen kann das heißen: nach der Erfahrung der „Dunklen Nacht“ und der bildlosen Dunkelheit des „Nackten Seins“ und dem „Kreuzestod“ strahlt die Erfahrung des neuen Lebens auf.
Was bedeuten nun die roten Zeichen in diesem grünen Bild: da sie intuitiv entstanden sind, kann das nur ein Versuch sein:
Das Rot scheint aus dem Grün hervorzuleuchten: s. o. Hildegard von Binden: „du Grün bist umflossen von Liebe.“ Hinter dem Leben steht die göttliche Liebe. Der rote Winkel kann als ein Segment des Kreuzes angesehen werden, das nach links oben geöffnet ist, dem Bereich, in dem das Im-göttlichen-Bereich-zur-Ruhe-Kommen angesiedelt ist. Der Winkel im Zusammenhang mit dem roten Punkt erinnert aber auch an den oberen Teil des OM-Symbol: den Halbkreis, der nach oben geöffnet ist und in dem ein runder Punkt steht, als Symbol für das absolute Bewusstsein und Brahman.
Kleine Rahmen auf weißer Leinwand: Das Organische
Der russische Künstler Malewitsch, der mit am Anfang der gegenstandslosen Kunst stand und 1913 ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund ausstellte, bezeichnet die leere Leinwand, das Weiß, als „die wirkliche, reale Verkörperung der Unendlichkeit“. Dieser Erfahrung entsprechend habe ich eine Serie von Bildern gemacht, bei denen das Bild auf einer größeren, eigentlich bis ins Unendliche reichenden, Leinwand gesetzt ist. Aus der Transzendenz dieser Unendlichkeit geht Alles hervor. Der kleine Kürbis soll für das Organische stehen.
Kleiner Rahmen auf weißer Leinwand: Kristalle
Bild mit einem Bild von Chagall
Dass auch die Kunst dazu gehört, soll dieser in den kleinen Rahmen gebrachte Druck eines Bildes von Chagall demonstrieren. Chagall stammt allerdings weltanschaulich aus einer älteren Zeit. Er war geprägt vom mystischen Judentum seiner Heimat in Russland. Diese Religiosität durchzieht sein ganzes Werk.
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Aber das Religiöse muss nicht so unmittelbar wie bei Chagall zum Ausdruck kommen. Bei den meisten Künstlern der klassischen Moderne ist aber ein klarer religiöser Bezug nachzuweisen. Zu meinem Erstaunen fand ich sogar folgendes Zitat von Picasso: „Etwas Heiliges, das ist es. So etwas wie dieses Wort müsste man sagen können, doch die Leute würden es falsch verstehen, in einem Sinn, den es nicht hat. Man müsste sagen können, dass dieses oder jenes Gemälde ist, wie es ist, in seiner Kraft, weil es ‚von Gott berührt’ sei. Doch die Leute würden es missverstehen. Und doch kommt es der Wahrheit am nächsten.“
Kunst hat mit dem Göttlichen zu tun. Sie vermittelt einen Hauch des Göttlichen durch Schönheit, Erhabenheit und Wahrheit. Kunst ist die sinnliche Seite der Religion. Alle Religionen waren und sind mit der Kunst eng verbunden oder bedienen sich der Kunst. Religion ohne Kunst ist blutleer und degeneriert zur reinen Morallehre.
Drei Bilder Reklame und Transzendenz
Der russische Künstler Malewitsch, der mit am Anfang der gegenstandslosen Kunst stand und 1913 ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund ausstellte, bezeichnet die leere Leinwand, das Weiß, als „die wirkliche, reale Verkörperung der Unendlichkeit“. Dieser Erfahrung entsprechend habe ich eine Serie von Bildern gemacht, bei denen das Bild auf einer größeren, eigentlich bis ins Unendliche reichenden, Leinwand gesetzt ist. Aus der Transzendenz dieser Unendlichkeit geht alles hervor.
Kleiner Rahmen auf weißer Leinwand: Unecht und Echt
Dass auch die Reklame sich auf diese Wirklichkeit bezieht, zeigt dieses und die folgenden 2 Bilder.
Ein Interpretationsversuch:
Die zweite Frau – vielleicht Nina Hagen – ist Selbstdarstellerin. Sie hat sich selbst ausstaffiert, wie es vielleicht ihrem Empfinden entspricht. Sie demonstriert, dass sie zu sich selbst gekommen ist und steckt der Reklamefrau die Zunge heraus.
Kleine Rahmen auf weißem Grund: Botschaften der Reklame I
Das 2. Bild zeigt zwei entfremdete Menschen. Die Reklamefotos wurden deshalb auch von mir per Computer farblich verfremdet. Der Mann macht einen neurotischen Eindruck. Im Reklametext für das Kleidungsstück werden religiös besetzte Begriffe verwendet. Um das zu verdeutlichen, sind von mir einige Wörter aus dem Text wegretuschiert worden. Vielleicht kann dieses Jackett den Mann erlösen.
Auch die Frau macht einen neurotischen Eindruck. Sie kann sich erlösen, indem sie Emanzipation zu demonstrieren versucht. Ein Insignium dafür ist das Männlichkeitssymbol der Zigarre.
Kleine Rahmen auf weißem Grund: Botschaften der Reklame II
Auf dem 3. Bild wird durch die Darstellung eines Mönches direkt auf Transzendenz verwiesen. Auch dieses Bild wurde per Computer verfremdet und verdoppelt dargestellt. Die Verdoppelung soll das Serielle der Reklame demonstrieren. Einmaligkeit ist aufgehoben. Der kleingeschriebene Text über dem Bild spricht von Verzückung, die ausgelöst wird durch das Leihen eines Autos.
Kleiner Rahmen auf weißem Grund: Prometheus
Kleiner Rahmen auf weißem Grund: Der Kerzenleuchter der Johanna Herb
Auch Kinderbilder gehen aus dieser Transzendes hervor. Hier ist ein solches Bild in einem kleinen Rahmen auf die große – eigentlich bis ins Unendliche reichende – Leinwand gebracht.
Die Tochter eines Freundes hatte bei einem Besuch bei uns ein Bild von einem Kerzenleuchter von dem Keramiker Göddersmann gemalt. Es hat mich gleich fasziniert. Ich habe es etwas beschneiden müssen, damit es in den – auch für die anderen Bildern dieser Serie – genormten Rahmen passte und dann laminieren lassen. Das Laminieren ist leider nicht so gut geworden. Das tut dem Bild aber keinen Abbruch.
Kleiner Rahmen auf weißer Leinwand: Leben und Tod
Kleiner weißer Rahmen auf weißer Leinwand
Widerschein des Göttlichen
Sie sehen nur eine leere weiße Fläche und einen weißen Schattenfugenrahmen, der innen vergoldet ist. Das Jenseitig-Göttliche gibt seinen Schein in die äußere Wirklichkeit. Gold war im Mittelalter bei vielen Bildern der göttliche Hintergrund. Dieses Bild ist der Übergang zu meinen weißen Quadratbildern.
Energie Rot
20. Januar 2002
Am Donnerstag habe ich ein neues Bild beendet. Einen Titel habe ich noch nicht gefunden. Auf eine relativ großen Leinwand (80×80) habe ich eine große rote runde Fläche gemalt. Die Größe der Leinwand ist aber nicht entscheidend. Der Rahmen muss wesentlich mit gesehen werden. Ich habe den Rahmen auch zuerst hergestellt und danach die Größe der roten Fläche bestimmt. Der weiße Rahmen fängt die rote Fläche ein. Sie würde sonst „über die Ufer“ gehen. Weil der Rahmen weiß ist, wird die rote Fläche aber nicht durch den Rahmen eingeengt.
Im Vorfeld hatte ich etwas Probleme mit diesem Bild. Eine rote Kreisfläche auf weißen Grund, das ist ja schlicht die japanische Flagge oder der rote Punkt einer Baugenehmigung. Ich habe mich schon ernsthaft gefragt, ob ich das machen soll. Es war mir aber ein bleibendes inneres Bedürfnis. Und danach will ich mich richten, egal, wie es aufgenommen wird.
Jetzt wo es fertig ist, finde ich es sehr gut, genial einfach und powervoll. Es vermittelt nur ein einziges Gefühl und strahlt eine starke Energie aus.
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Wo wir schon bei Japan sind: dass ein Kunstwerk nur ein einziges Gefühl vermittelt, habe ich vor etwa 12 Jahren im Museum „Huwe Waluwe“ in Holland erlebt. Im Museumspark standen u.a. einige japanische Skulpturen, die mich sehr beeindruckt haben. Ich erinnere mich an einen einfacher Metallkegel, der aus dem Boden kam und eine starke Kraft vermittelte und an eine roh gelassene quadratische Granitsäule auf der im rechten Winkel eine andere lag, aber so, dass sie vollständig aus dem Gleichgewicht war. Auch hier nur das eine Gefühl: ich muss sie mit aller Kraft hochhalten.
Das gleiche Bild will ich nun noch in Grün machen. Gretel, der das rote gefällt, ist der Meinung, dass das nicht richtig ist. Aber auch hier habe ich mich geprüft und festgestellt, dass das richtig ist. Die Idee war auch schon von Anfang an da. Rot bedeutet Lebenskraft und Grün gehört dazu. Ein solches blaues oder violettes Bild wäre nicht möglich.
Bei Paul Schwarzenau habe ich zufällig gerade gelesen, dass Grün die Farbe des Propheten Mohammeds ist.
„Grün symbolisiert zugleich den göttlichen Geist und die Natur.“
26. Januar 2002
Noch eine Bemerkung zur Einfachheit: Tiefe hat mit Einfachheit zu tun, nicht mit Kompliziertheit. Das gilt meiner Meinung nach nicht nur für den Bereich der Spiritualität; sondern auch für die Kunst. Es gibt verschiedene Ebenen: Von der Abbildung der äußeren Wirklichkeit im Realismus über den Symbolismus, den Surrealismus (tiefenpsychische und Traumebene) hin zur reinen Farbe und zur Gegenstandslosigkeit bis zum abstrakt Metaphysischen, wo ich mich im Moment ansiedle.
Einfach wird oft mit simpel verwechselt. Bei einigen meiner Bilder hat schon mal jemand gesagt: „Das könnte ich auch!“ Kann er es wirklich? Wer einfach etwas Simples macht, vergisst, dass Kunst mit Wahrheit zu tun hat, sonst ist es im besten Falle Dekoration.
Aus der Wahrheit kommt die Einfachheit.
Ein komplexes Bild ist natürlich für die meisten Menschen unmittelbar interessanter. Bei ganz „einfachen“ Bildern meinen sie gleich mit einem Blick zu sehen, was es ist, z. B. eben eine rote Sonne. Vielleicht hat der ein oder andere auch Angst, auf „des Kaisers neue Kleider“ hereinzufallen. Dazu kommt vielleicht noch die Angst vor der Leere. Aber das ist noch ein Kapitel für sich.
Energie Grün
O edelstes Grün, in der Sonne du wurzelst, du leuchtest in strahlender Helle im Kreis, den kein irdisches Sinnen begreift.
Hildegard von Bingen
Grün steht im komplementären Kontrast zum Rot. Rot verlangt nach Grün und umgekehrt. Daher habe ich zu „Energie Rot“ auch „Energie Grün“ gemacht. Beide Farben bilden die Lebensgrundlage: Lebensenergie und Wachstum. Grün ist die Farbe des Lebens und der Hoffnung:
„Wir brachen das Grün, um Ruhe zu finden, und es ist die überwältigende Vorherrschaft des Grün in der Flora unserer Welt, da es uns anzieht, weil es Bleiben und Frieden verspricht, aber es ist ebenso die anfängliche keimende Farbe, Hoffnung auf Werden und Wachsen…“ (E. Heimendahl)
Rot reizt auf, Grün beruhigt.
Ich werde die beiden Bilder daher auch möglichst gemeinsam aufhängen.
Zu beachten ist allerdings, dass es sicher hundert verschiedene Grün-Töne gibt mit entsprechend unterschiedlichen Wirkungen.
Windenergie
Über Jahre hin hat eine Initiative in Hardenberg versucht, ein Bürgerwindrad aufzustellen. Die Planung mit all den Auflagen usw. war schwierig. Einige der Gruppe hat zwischendrin aufgegeben. Aufgeben aber liegt mir nicht. Am Ende machte die Elektromark in Bezug auf die Einspeisung des Stroms noch Schwierigkeiten, die wir kaum bewältigen konnten. Wir hatten dann das Glück, dass ein Konsortium aus Aurich das Projekt abgekauft hat. Wir haben nun unser schönes Windrad und die Kosten erstattet bekommen. Besser geht es nicht.
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20. Januar 2003
Meine Intuition vom 20. Dezember 2002 , „Windenergie“ habe ich gestern beendet. Das war keine schwierige Angelegenheit. Vielleicht wird ja in dieser Woche das Windrad aufgestellt.
Ich habe zwei Gedichte zum Windrad gemacht:
Hymne an das Windrad in Hardenberg I
Auf ragt der schlanke Mast
und trägt leicht und stark die wohlgeformte Gondel und vorne mit der Nabe dreht lautlos die heilige Drei der Flügel.
Ein zarter Windhauch nur genügt
und weiß und gelassen kreist das Rad vor dem blauen Abendhimmel
und im Licht der sinkenden Sonne
treiben fröhliche Glanzlichter
ihr rhythmisches Spiel auf den Flügeln.
Welch‘ eine Gnade
lebendig im Abendlicht zu stehen
und den leisen Hauch der Zeitlosigkeit zu spüren.
Und die Mühle fährt ihre Ernte ein.
Herbert Langenohl (März 2003)
Hymne an das Hardenberger Windrad II
Über Schneefeld und dunklem Tannenwald
Ragt das Windrad in den blauen Himmel.
Mit stiller Freude sehe ich, wie es zur Sonne schaut. Ich weiß, der Wind gibt dem Rad die Richtung,
Aber auch der Wind kündet die Sonne. Und:
Jeder Flügelschlag hilft, unseren Planeten zu retten.
Über den langen Lichtstreif auf dem Mast huscht
Im Rhythmus des Flügelschlags
Ein dunkler Schatten nach oben.
Es ist schon fünf nach zwölf
Herbert Langenohl (Dezember 2004)
Das erste Gedicht wurde in der Fachzeitschrift unseres Energieversorgers „Elektromark“ abgedruckt.
Amerikanische Tradition
11. Februar 2003
Gestern Morgen im Bett tauchten ganz viele Bilder in meinem Bewusstsein auf. Schade, dass ich sie nicht alle festhalten kann. Alle hatten wohl mit dem bevorstehenden Irakkrieg zu tun – vielleicht noch eine Nachwirkung unserer Plakatmalerei für die Mahnwache am Samstag.
Zwei Bilder will ich ausführen, die die meinem momentanen Stil entsprechen: ein Bild mit schwarzen Quadraten und einem kleinen roten und einem mit Schattenfugenrahmen, zur Raute gekippt mit einem Strick und einem schwarzen Seidentuch.
Mit letzterem habe ich heute angefangen. Gestern habe ich schon bei Leffers ein schwarzes Tuch gekauft und einen alten Strick habe ich noch im Keller gefunden, sehr passend.
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Das Bild ist so in mir aufgestiegen. Der harte Strick, mit dem Menschen aufgehängt worden sind oder aufgehängt werden und das zarte schwarze Tuch, Zartheit, Verletzlichkeit, eigentlich etwas den Menschen schützendes, vielleicht auch Trauerflor. Jemanden Aufzuhängen fand ich gefühlsmäßig schon immer als das Schrecklichste. Ausgeliefert den eigenen Mitmenschen, die sich an der Angst vielleicht noch weiden. Jeden Augenblick kann der Schemel weggestoßen werden und dass er weggestoßen wird ist sicher. In dieser Situation, empfinde ich, befinden sich zurzeit die Iraker und irgendwie auch die gesamte Welt. Den stumpfen Amis ausgeliefert, denen es nur um Macht und Öl geht und die noch heuchlerische Gründe vorschieben. Ein Sendungsbewusstsein, das wirklich teuflisch ist. Ein Krieg, der schon lange beschlossen ist.
16. Februar 2003
Mein Bild mit Strick und schwarzem Tuch könnte den Titel „Amerikanische Tradition“ bekommen. Ich hatte es gegenüber der Haustür über der Truhe aufgehängt, musste es aber wieder abhängen, weil Wolfgang es nicht gut aushalten konnte. Auch Gretel war nicht einverstanden, die Besucher mit diesem Bild zu empfangen.
Gestern wollte ich das Bild eigentlich zur Antikriegskundgebung nach Lüdenscheid mitnehmen. Ich hatte es schon mit einer Dachlatte zum Tragen versehen, habe es dann aber doch hier gelassen, weil ich nicht wusste, wie die Situation in Lüdenscheid sein würde und es war mir zu umständlich. Ich werde es nächsten Samstag zur Mahnwache mit nach Meinerzhagen nehmen, wenn das Wetter es erlaubt. (Das ist auch geschehen)
Zur Deutung des Bildes ist mir noch eingefallen, dass Amerika ja eine lange Geschichte der Lynchjustiz hat, vom Hängen des Pferdediebes bis hin zur Todesstrafe. Auch der Krieg gegen den Irak wird ja mehr eine Hinrichtung als ein Krieg sein, eine saubere Hinrichtung, die im Fernsehen verfolgt werden kann.
Das Unerträgliche ist auch, dass das Irakische Volk monatelang in Ungewissheit gehalten wird, wann die „Hinrichtung“ stattfindet. Das ist ganz ähnlich er Situation eines Menschen, der vorm Erhängen schon auf dem Schemel steht und warten muss, bis er weggetreten wird.
Nun werde ich noch an meinem Bild mit schwarzen Quadraten weiter arbeiten.
Dunkelbraun, Hellbraun, Grau
Phasen des Lebens
Dieses Bild besteht aus drei mehr oder weniger breiten Zonen. Man kann es von unten rechts nach oben links lesen. So ist es zumindest von mir empfunden.
Auf meinem Bilde „Phasen des Lebens“ geht die Entwicklung vom kollektiven Unbewussten aus dem Bereich der „Mütterlichkeit“, dem Blau, über die große und beherrschenden Zone des aktiven Rot, hin zum Rosa, dem zur Ruhe gekommenen Rot im Bereich des Ewigen.
Schon als ich begann, Bilder herzustellen, fiel mir auf, dass es auf der Bildfläche eine Geografie gibt, die nicht zufällig sein kann. Kinder malen z. B. meistens die Sonne in die rechte obere Ecke. Wie Untersuchungen bei Kindern zeigen, kann der Zustand eines Kindes sehr gut aus der Anordnung der Bildgegenstände und der Art und Weise der Raumnutzung der Fläche abgelesen werden. Kinderzeichnungen sind denn auch häufig zur Krankheitsdiagnose eingesetzt worden, bis hin zur Frage, ob sie überleben werden oder nicht.
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Später habe ich dann bei Ingrid Riedel genauere Untersuchungen zur Geografie von Bildern gefunden.
Die Bildfläche ist ein Abbild des Lebensraumes des Menschen und der wird wiederum vom Körper des Menschen aus strukturiert: wo oben-unten, links-rechts, hinten und vorne ist, ergibt sich von selbst. Unten ist die Tiefe, oben die Höhe, links das „Finstere, Rechts das „Klare“. Bildflächen sind deshalb meistens auch quadratisch oder rechteckig.
Wenn die Bildfläche in Quadranten eingeteilt wird, kann man ihnen bestimmte symbolische Bereiche zuordnen.
Rechts unten: Der Bereich des „Mütterlichen“, der Herkunft, des Erdhaften, der Materie und der Geborgenheit beim Du, aber auch der Reggression in frühere Entwicklungsstufen
Links untern: Der Bereich des „Kollektiven Unbewussten“, Ausgangspunkt der persönlichen Entwicklung in Richtung auf die Außenwirklichkeit nach rechts oben, von rechts nach links unten Richtung des Todes
Rechts oben: Das „Kollektive Bewusste“, Zielrichtung der bewussten Entwicklung zum Leben, der Zukunft und der Gesellschaft
Links oben: Das „Väterliche“ im Sinne von geistig, immateriel, religiös, zur Ruhe kommen in der Kontempaltion und dem Zeitlosen)
Der große Wagen
Warum ich das Bild gemalt habe, weiß ich nicht mehr. Der Sternenhimmel hat mich schon immer fasziniert. Dabei interessierten mich weniger die einzelnen Sternbilder, ich staune einfach über das ganze Panorama. Als Sternbild kenne ich fast nur den „Großen Wagen“, den ich daher auch immer wieder gesucht habe.
Als ich im Internat war (1957-1963) habe ich ein Gedicht zu den Sternen gemacht:
Sternenhimmel
Sterne, ach wie schön sie sind,
muss sie schauen wie ein Kind.
Nicht wie ferne, fremde Welten,
die den lieben Gott nichts gelten.
Uns zur Freude gab er sie
mit Unendlichkeit beladen.
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Die Form der Sterne im Großen Wagen habe ich von der Form der Sterne auf meinem Bild „Der Sterntaler“ genommen. Ich hatte auch die Schablone noch.
Vor einiger Zeit habe ich in einem Buch von Rudolf Kaiser: „Indianischer Sonnengesang“, eine Kritzelzeichnung vom Große Wagen gefunden mit dem folgenden Gedicht:
Lied der Sterne
Wir sind die Sterne, wir singen.
Wir singen mit unserem Licht.
Wir sind die Vögel aus Feuer.
Wir fliegen über den Himmel,
und unser Licht ist eine Stimme.
Wir bahnen einen Weg für die Seele
auf ihrer Reise durch den Tod.
(Passamaquoddy)
Regenbogen auf braunem Grund
Der Regenbogen hat andere Farben als in der Natur. Er beginnt unten mit einem hellgrünen Streifen dann kommt ein gelber, ein orangener, ein rot-orangener, ein roter und ein rot-violetter. Das gibt eine ganz starke Farbwirkung mit fast ausschließlich warmen Farben auf warmem Grund. Diese Bild hatte ich vor einiger Zeit schon mal auf einer kleineren Leinwand versucht. Ich hatte Ölkreiden gekauft, die man mit Terpentin verschmieren kann. Der Regenbogen war allerdings verschmiert und gefiel mir nicht. Es war mir nicht ordentlich genug.
Vorgestern habe ich mein Bild „Regenbogen auf braunem Grund“ im neuen Eine-Welt-Laden aufgehängt, im Eingangsbereich zur neuen Galerie. Es passt gut dahin. Frieden mit der Welt durch faire Preise. Auch von den Farben passt es gut.
Im griechischen Mythos habe ich gelesen, dass der Regenbogen als Pflugspur des Zeus über den Himmel bezeichnet wurde. Das passt gut zu dem braunen Untergrund.
Gestern habe ich dann mein Bild „Besser als gestern, schlechter als morgen“ im Winkel dazu aufgehängt. Beide sehen so aus, als ob sie gerade für diese Stelle gemacht worden seien.
Besser als gestern, schlechter als morgen
Das Bild „Regenbogen auf braunem Grund“ erinnerte mich daran, dass ich schon einmal vor vielen Jahren ein Bild mit braunem Grund malen wollte. Das habe ich damals auch gemacht, aber das Braun war mir vollständig misslungen. Ich weiß nicht, warum ich das Bild damals trotzdem zu Ende gemacht habe – vielleicht hatte ich einfach keine Zeit. Ich hatte aber immer vor, das noch einmal richtig zu machen. Zufällig geht es aber auch um ein Noah-Motiv. Eine nur mit Strichen angedeutete – also mehr imaginäre – Taube bringt einen relativ realen grünen Zweig zu einem am linken unteren Rand ins Bild schauendem Kopf.
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Der Kopf schaut verbittert und verbissen, geisteskrank auf Zweig und Taube. Ich habe damals – wenn ich mich recht erinnere – ein Buch mit dem Titel gelesen: „Besser als gestern, schlechter als morgen“ – ich habe gerade das Buch gesucht und gefunden, es heißt: “Schlechter als morgen, besser als gestern“ von Lisa Alther. Es ging in diesem Buch um eine junge Frau, die keinen Bezug mehr zur äußeren Wirklichkeit hatte, und nach und nach wieder etwas Realität in den Blick bekam. Das hatte mich damals zu diesem Bild angeregt. Nun habe ich das Bild neu gemalt. Das Bild ist nun sehr viel anders geworden. Der Kopf ist z. B. ganz dunkel grau wie der Rahmen. Das Bild kann jetzt auch einen etwas erweiterten Sinn bekommen: der heutige Mensch, der neurotisch und depressiv nur noch skeptisch auf das Friedensangebot der Eigentlichen Wirklichkeit schaut. Hier im Eine-Welt-Laden kann der grüne Zweig auch die Hoffnung von Menschen in der Dritten Welt bedeuten, die durch unsere Arbeit wieder etwas Hoffnung auf die Zukunft gewinnen. In meinen braunen Bildern hat das Braun in etwa die Funktion des weißen Grundes übernommen. Das ist seltsam. Ich empfinde diesen braunen Grund als sehr beruhigend. Er ist wie der Boden, auf dem man pflanzen und sähen kann. Die Offenheit nicht der Transzendenz, sondern der Immanenz.