Meine Bilder bis 2018
Frühling im Buchenwald
Der Buchenwald hat mich schon immer fasziniert. Er erinnert mich an den Innenraum einer gotischen Kirche. Ich meine auch mal gelesen zu haben, dass der Buchenwald das Vorbild für die gotischen Räume gewesen sei. Im Frühling ist der Buchenwald mit seinem zarten Grün besonders frisch und wohltuend. Er hat wirklich was Erhebendes und Sakrales. Darum habe ich auch das Hochformat mit dem weißen Rahmen der Kontemplation gewählt.
Das Hochformat
„Während dem Querformat die Horizontale zugrunde liegt wird das Hochformat von der Vertikalen getragen. Sie entspricht der Ordinate des orientierenden Koordinatenkreuz: und betont die Spannung zwischen oben und unten. Das Auge wird durch das Hochformat auf ein Ereignis zwischen oben und unten gespannt, zum Beispiel in der Bildsprache der christlichen Tradition auf ein Ereignis zwischen dem Raum Gottes und dem Raum des Menschen. In der Sprache der psychologischen Bildinterpretation hieße das, das Auge wird durch das Hochformat vorbereitet, ein Ereignis zwischen dem Bereich des Geistigen, des Sinnbezugs, des „Kopfbereiches“ und dem Bereich des Leiblichen, des Instinktes, des „Bauchbereichs“ wahrzunehmen. Die Vertikale meint also einen ganz anderen Geschehensmodus als die Horizontale, die wir als Ebene des Dialogs, der Geschehensfolge im zeitlichen Nacheinander bezeichnet haben. Das Hochformat wird häufig dann gewählt, wenn ein Einbruch von oben in die Welt des puren Nacheinanders, in die Welt der horizontalen Spannungen, sichtbar gemacht werden soll. Die Bewegungsrichtung der Vertikalen kann also von oben nach unten, aber auch umgekehrt von unten nach oben vollzogen werden.“
Aus: Riedel, Ingrid: Bilder in Religion, Kunst und Psychotherapie, Stuttgart 1982, S. 60
Marionette des Todes
4. Februar 2008
Nun zu dem Bild, das ich schon am 26. Januar fertig gestellt habe. Es hat noch keinen Namen. Es geht auf eine Intuition vom 5. Januar zurück. Ich hatte mir eine kleine Skizze gemacht. Das Bild gibt mir auch noch selbst Rätsel auf.
Auf einer strahlend rosaroten Leinwand im schwarzen Schattenfugenrahmen sind nur wenige Symbole abgebildet. Im unteren linken Quadranten eine große schwarze Fläche. Über die schwarze Fläche hinaus schaut wie eine Kasperlepuppe ein Kopf mit einem großen schwarzen Zylinder. Dieser Kopf mit Zylinder nimmt fast den ganzen oberen linken Quadranten ein. Etwas unter der Mitte im rechten Teil des Bildes ist ein rundes Gestirn. Beim Kopf tauchte die Erinnerung an Munchs „Abends auf der Karl-Johann-Gate“ auf.
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Meine Intuition – ganz komme ich an die ursprüngliche Intuition nicht mehr heran – hatte wohl mit der Situation moderner Menschen zu tun. Sie sind wie hinter einem schwarzen Schild, der ihnen im Wege steht, ihnen zugleich aber auch Halt gibt. Vielleicht ein Weltbild, in dem aber kein Sinn zu sehen ist. Sie sind innerlich mehr oder weniger tot, versuchen aber mit Würde zu bestehen. Der große schwarze Hut, vielleicht ein Symbol für den Versand und für eine in einer vergangenen Tradition verankerten Weltsicht, verleiht ihnen Größe. Das Gestirn ist eigentlich auch tot, auch wenn es durch die Spirale noch den Eindruck von Bewegung macht. Vielleicht noch eine Erinnerung an Ganzheit und eine sinngebende Wirklichkeit. Der Kopf und auch das Gestirn scheinen aber eher noch zu schrumpfen. Dabei brachte sich der Typ nur umzudrehen, nach innen zu schauen, dort wartet das selige Rosa auf ihn. Das wird er aber nicht machen, weil er dann seine mühsam aufgebaute und aufrecht gehaltene Fassade aufgeben müsste. Dazu ist die Angst zu groß.
Komischerweise bin ich in den letzten Tagen in einem Buch über Meister Eckhart (von Dietmar Mieth ) auf eine Passage gestoßen, die mit diesem Bilde zu tun haben könnte. (S. 53ff ) Dazu aber erst in den nächsten Tagen.
10. Februar 2008
Ich will jetzt eigentlich noch über mein Bild mit grünem Kopf weiter schreiben und dazu die Passagen aus dem Meister-Eckhart-Buch einarbeiten. Ich habe diese Abschnitte noch einmal gelesen, aber sie scheinen mir noch nicht klar verständlich. Ich will erst noch mal zwei Bücher bestellen, auf die sich diese Abschnitte beziehen. Sie scheinen mir für das Verständnis von Kunst und Religion heute interessant zu sein. Also später. Zusätzlich habe ich Sehschwierigkeiten mit meinem linken Auge.
12. Februar 2008
Gestern Nacht sind wir zufällig im Fernsehen auf Igmar Bergmanns Film „Wilde Erdbeeren“ gestoßen. Ich kannte ihn schon, wurde dann aber doch wieder ganz hineingezogen. Der Blick des alten Professors, der den Film sehr beherrscht, entspricht dem Blick des Mannes mit hohem Zylinder auf meinem Bild und auch die Problematik ist die gleiche. Der Wissenschaftler, der sein ganzes Leben lang keinen Zugang zu sich selbst, zum „Leben“ gefunden hat. Ein hoch ehrenwerter, aber einsamer Mann, dem die Umkehr aber nicht mehr gelingen kann. Sein Sohn Ewald verkörpert diesen modernen Menschen noch radikaler. Seine Frau, die schwanger ist und diesmal das Kind behalten will, soll sich zwischen dem Kind und ihm entscheiden. Er möchte die Welt nicht noch mit mehr unglücklichen Menschen bevölkern und sich selbst die Option eines Selbstmords offen halten. Bei seiner Erfahrung ist das durchaus verantwortungsvoll und nachvollziehbar. Seine Frau Marianne sagt aber: „Ich weiß, dass das alles falsch ist.“ (Übrigens ein genialer Text für den Religionsunterricht, den ich in den ersten Jahrzehnten meines Lehrerdaseins häufig im Unterricht eingesetzt habe.)
Etwas erschüttern war für mich das Empfinden, dass ich, anders als der Professor in seinen Erinnerungen, das Gefühl hatte, nicht auf glückliche Kindertage zurückschauen zu können. Gretel ging es übrigens ähnlich. Sie fragte mich nämlich nach solchen Erinnerungen und sagt, dass sie selbst keine habe.
Gestern Nacht wollte ich das Bild „Wilde Erdbeeren“ nennen. Ich weiß aber nicht, ob da irgendeiner, der den Hintergrund nicht kennt, damit was anfangen kann. Vielleicht fällt mir noch was Besseres ein.
Ich habe gerade im Internet bei „Wilde Erdbeeren und Bergmann“ nachgeschaut. Das war äußerst interessant. Meine Interpretation in Bezug auf mein Bild wurde durchaus bestätigt.
Interessant ist auch, dass Bergmann einen Film mit dem Titel „Marionetten“ gedreht hat. Seine Figuren sind wohl häufig mit Marionetten in Zusammenhang gebracht worden.
In einem anderen Beitrag spricht der Autor davon, dass die Augen im Film „Smultronstället“ (Wilde Erdbeeren) in gewisser Weise die Hauptakteure sind.
Vielleicht nehme ich als Titel: Marionette des Todes oder Isak Borg (aus: Wilde Erdbeeren, von Igmar Bergmann)
22. Februar 2008
Ich habe im Zusammenhang mit meinem Bild „Die letzte Liebe des Mr. Morgan“ über das Bild „Marionette des Todes“ gesprochen. Dazu habe ich im Internet das Munch-Bild „Abend auf der Karl Johans Gate“ gefunden und Informationen dazu:
Bildbeschreibung
Das Bild zeigt die Karl Johans gate, die Haupt- und Prachtstraße Kristianias, in einer nächtlichen Stimmung.Rechts im Hintergrund sind das Stortingsgebäude und zwei hoch aufragende Pappeln zu sehen, auf der linken Seite steht eine Reihe von Häusern, deren Fenster erleuchtet sind. Auf dieser Straßenseite kommt dem Betrachter eine eng gedrängte Menschenmenge entgegen. Die Männer tragen überwiegend Zylinder, die Frauen helle Strohhüte mit Bändern. Ihre Gesichter sind ausdruckslos, regelrecht zur Fratze erstarrt die Augen weit aufgerissen. Die phosphorgelbe oder giftgrüne Gesichtsfarbe kontrastiert mit dem blauroten Himmel. Auf der rechten Straßenseite geht ein einzelner schwarzer Schatten in die Gegenrichtung.
Interpretation
Laut Franziska Müller erweckt die Perspektive in Abend auf der Karl Johans gate ein Gefühl von Bedrohung. Der Betrachter steht den Menschenmassen in Abend auf der Karl Johans gate so frontal gegenüber, als blicke er in einen Abgrund oder in sein eigenes Spiegelbild. In den Gesichtern der „Kopf an Kopf“ heranflutenden Massen liest Anni Carlsson Angst, Grauen und Feindseligkeit. Nur ein Einzelner geht gegen den Strom. Reinhold Heller erkennt eine „Bedrohung des einzelnen durch die vordrängenden anonymen Menschenmassen“, Nic. Stang die „toten Gesichter der Spießbürger“. Carlsson interpretiert das Bild als „Konfrontation des Künstlers mit dem Gruppengespenst des Bürgers“, Müller als Gegenüberstellung von „Menschenmassen“ und Individuum, wobei die einzelne, von den Menschen ausgeschlossene Figur ein Ebenbild Munchs sei.
Für Jean Selz kündet Abend auf der Karl Johans gate von einem neuen expressionistischen Stil im Werk Munchs, in dem eine Erregung oder Erschütterung festgehalten wird, ohne dass dem Betrachter die Hintergründe des Ereignisses offenbart werden. In diesem Sinne sei das Bild ein direkter Vorläufer von Munchs bekanntestem Werk Der Schrei, dessen erste Fassung im Folgejahr entstand.
Hintergrund
Erste Notizen, die auf das Motiv zu Abend auf der Karl Johans gate hindeuten, finden sich bereits in Munchs literarischem Tagebuch von 1889. In seinen Notizen beschrieb er ein eigenes Erlebnis: ‚Alle – Leute, die vorbeigingen, sahen so fremd und merkwürdig aus, und ihm schien es, als schauten sie ihn an – starrten ihn an – all diese Gesichter – Blicke im Abendlicht‘ – Er versuchte, einen Gedanken festzuhalten, konnte es aber nicht – er hatte das Gefühl völliger Leere in seinem Kopf – dann versuchte er, seinen Blick auf ein Fenster hoch oben zu fixieren – dann störten ihn die Vorbeigehenden erneut – Er zitterte am ganzen Körper und der Schweiß lief ihm hinab.“
Willi Brandt – Warschau 1970
In Warschau haben wir den Platz mit dem Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus, auf dem Willi Brandt 1970 gekniet hat, aufgesucht. Das Bild dieses Kniefalls ist für mich das wichtigste Bild des 20. Jahrhunderts. Wir waren vor dem Denkmal sehr gerührt und mitgenommen. Gretel hat noch Kerzen geholt und auf das Denkmal gestellt. Eine ganze Reihe Kerzen, die ausgegangen waren, haben wir dann noch wieder angesteckt.
Als ich nach Hause kam, hatte ich das starke Bedürfnis, dazu ein Bild zu machen. Nach einigen intuitiven Überlegungen schien es mir das Angemessenste, wie ich es jetzt gemacht habe.
Das Hochformat unterstreicht die Größe und ins Transzendente reichende dieser Geste. Daher auch der weiße Rahmen, der ja mit Kontemplation – gedankenfreie Hingabe – zu tun hat.
Im Bewusstsein des unaussprechlichem Leid, das die Naziherrschaft über Europa und speziell auch über die Polen und die Juden gebracht hat, kann man nur zusammen brechen und – nicht nur als Deutscher, auch als Mensch – zusammenbrechen und um Verzeihung bitten. Eine solche Erschütterung bringt den Betroffenen nicht nur ganz zu sich selbst, sondern auch über sich hinaus in eine Dimension des allgemein Menschlichen und Jenseitigem. Da spielt es keine Rolle mehr, ob jemand – wie Brand – selbst im Widerstand gelebt hat.
Das Bild war ganz schnell realisiert. Ich habe aus „Bilder des 20. Jahrhunderts“ Brands Kniefall größer kopiert und ausgeschnitten und ich fand es als passend, sozusagen das Zeitungsbild einfach auf die weiße Fläche zu bringen. Über die Massenmedien ist das Bild ja verbreitet worden und danach kann es auch aussehen. Zudem ist ein Zeitungsausschnitt etwas Reales und Politisches.
Wie ich das Bild dann auf die Fläche bringen sollte, war ein Problem. Es soll ja nicht vergilben und auch eine bestimmte Festigkeit haben. Ich habe dann im Internet gesucht und mich an eine Methode orientiert, mit der man versucht, Zeitungen zu konservieren. Den ganzen Zutaten-Mix habe ich nicht bekommen. Unsere Apotheken haben eben nicht alles. Ich habe das Papier mit einer Mischung von Magnesiumcarbonat in Wasser aufgelöst und Tischlerleim bestrichen und aufgeklebt. Ich hoffe, es hält so.
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10. September 2008
Ich habe das Bild heute noch einmal gemacht. Auf dem ersten Bild kniet Brandt höher. Das war mir gleich etwas fragwürdig. Ich bin aber zuerst dabei geblieben, weil durch die Leere unter ihm auch irgendwie die Vergangenheit und die Tiefe des Leids mitschwingt. Das kann auch so bleiben. Wenn Brandt tiefer kniet, betont das noch mehr die Erhabenheit dieser Situation. Und er ist noch fester auf dem Boden und mehr auf dem Boden der Gegenwart . Im ersten Bild hängt er etwas in der Leere.
Als Gegenbild kam mir noch die Vorstellung, die drei schrecklichen Präsidenten der USA, die ich erlebt habe – Nixon, Reagen und Busch – auf ein solches Hochformat, aber Quer gelegt, abzubilden. Dazu hätte ich eine Technik benutzen können, mit der man Fotokopien auf saugende Untergründe drucken kann. Man kann die Vorlage mit Ethylacetat (Essigsäureethylester) bestreichen und auf die Unterlage legen und fest andrücken oder streichen. Das würde ich mal gerne ausprobieren. Ethylacetat gibt es in unseren Apotheken aber wohl nicht vorrätig. Sie können aber nur in Literflaschen bestellen. In der einen Apotheke etwa 20 Euro, in der anderen 33. Das habe ich erst mal gelassen. Für die Präsidenten wäre das eine Möglichkeit gewesen, auch wenn sie spiegelbildlich werden.
Ich habe das Bild aber nicht gemacht, weil ich nicht unbedingt Negatives darstellen will. Davon gibt es genug. Und: der Betrachter müsste meine negative Einschätzung dieser Typen vielleicht auch teilen. Zudem wäre das in gewisser Weise ein Missbrauch des weißen Rahmens.
Sakrales Fenster
13. Oktober 2008
Vorgestern kam mir die Intuition eine neuen Bildes in einem hohen Rahmen: ein helle grau Fläche und oben ein rot-violettes Quadrat. Dahinter steht die Sehnsucht nach einem rein kontemplativen Leben, einfach und klar. Meine alte Sehnsucht nach den Trapisten. Eine ähnliche Idee hatte ich vor vielen Jahrzehnten schon mal – als mein Glaube eine Zeitlang zusammengebrochen war, wollte ich Architekt werden -: eine graue Betonkirche, die wie in einem Boot, das ebenfalls aus grauem Beton und ohne jede Zierde ist, steht nach außen durch den Bauch abgegrenzt mitten im Getriebe der lauten Welt. Die eigentliche Kirche in diesem Betonboot schwingt sich wie ein Segel nach oben, in dem ganz oben in der Spitze ein violettes Fenster sein sollte. Kein sonstiger Schmuck oder andere Störungen. Einfach ein mystischer Raum.
Ein weiße Rahmen scheint mir für ein solches Bild aber nicht richtig zu passen. Zwar geht es um Kontemplation, es ist aber eine andere Ebene. Die innere weiße Fläche der Transzendenz ist grau. Es ist die diesseitige Erfahrung. Grau steht eigentlich für Langeweile, Lustlosigkeit Öde. Hier allerdings mehr für die absolute Schlichtheit des Lebens, d. h. alles ist grau geworden, spielt keine Rolle mehr, hinter mir gelassen, ohne es abzuwerten. Es ist noch die Ebene der Religion, nicht der Kontemplation. Wie soll der Rahmen gefärbt sein? Irgendein dunkler blauer Ton schwebt mir vor.
18. Oktober 2008
Mir ist klar geworden, dass der Rahmen des geplanten Bildes („Sakrales Fenster“) ein Schattenfugenrahmen sein sollte und ich das Bild auf einer Leinwand mit Keilrahmen malen will. Ich darf die Ebenen nicht durcheinander bringen. Der Weiße Rahmen steht eben für Kontemplation. Ich werde einige Leinwände in dem entsprechenden Format bei Boesner bestellen und dann nach meiner Herzschrittmacheroperation in der nächsten Woche weiter machen.
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6. Dezember 2008
Mein Bild, das ich heute „Sakrales Fenster“ genannt habe, ist seit einigen Tagen fertig und begeistert mich im wahrsten Sinne des Wortes. Ich stelle mich gerne davor und lasse es auf mich wirken. Es tut mir auch gut, dass ich den Eindruck habe, dass ich doch noch was machen kann.
Ich habe den Schattenfugenrahmen schwarz gemacht mit eingemischten blauen Pigmenten. Die Farben sind jetzt die Farben, die auf meinem Bild „Am Rande einer Depression“ sind. Schwarz steht für den „Dämon des Todes“, der im tibetischen Buddhismus häufig das Mandala des Lebens in seinen Klauen hält. Kandinsky sagt zu Schwarz: „Schwarz ist das Nichts ohne Möglichkeiten, Abschluss für alle Zeiten. Jede Farbe klingt auf diesem Schweigen stärker.“ ( Im Gegensatz dazu Weiß: „Im Weiß sind alle Farben verschwunden. es ist großes Schweigen, aber voller Möglichkeiten wie das Nichts vor der Geburt.“) Zu Grau sagt Kandinsky: „Das Grau hat die Ruhe des Grün ohne dessen Möglichkeiten, trostlose Ruhe mit schwacher Hoffnung.“. Und Violett: „Im Violett ist kaltes rot durch Blau vom Menschen zurückgezogen, es wirkt erloschen, klingt wie Englischhorn, Schalmei, Holzinstrumente. All diese Bezeichnungen sind nur Hinweise für Schwingungen, die mit Worten nicht zu beschreiben sind.“. Violett hat nach Ingrid Riedel eine „… Wirkung zwischen den Ausdruckswerten des vitalen Rots und des transzendenten Blau…“.Violett ist auch die Farbe des 6. Chakras und steht für die Erfahrung des Göttlichen. Im Hochformat dieses Bildes ist es in der Höhe des Kopfes gelegen – wenn wir das hohe Hochformat auch als der Gestalt des Menschen entsprechend ansehen. In meiner „Bildgeographie“ ist Violett oft im oberen linken Quadranten des Bildes angesiedelt. Es ist die Sehnsucht nach dem Geistig-Religiösen. Vielleicht ist es auch mit etwas Trauer verbunden, wie die liturgische Farbe Violett in der katholischen Kirche – die Farbe der Buße. In der Trauer schwingt aber auch schon eine leichte Hoffnung auf Auferstehung oder Erlösung mit.
5. Dezember 2009
Vorgestern hat mir Ulrike Körner-Schoop gemailt. Im Text bezieht sie sich auf das Bild „Sakrales Fenster“, das sie voriges Jahr bei mir gekauft hat. Der Text freut mich sehr, weil ich immer Zweifel habe, ob Bilder von mir denn auch weiterhin Wirkung haben. Daher der Text:
Lieber Herbert, liebe Gretel,
schön von Euch zu hören, obwohl eine Erinnerung in Gestalt des sakralen Fensters ja immer vor unseren Augen ist. Das Bild hat sich gut in mein Leben eingefügt; an guten Tagen als reine Freude, an schlechten Tagen als mahnende Erinnerung, oft auch einfach als Fingerzeig, alltäglichen Stress und Ärger nicht allzu ernst zu nehmen.
Natürlich kommen wir gerne im Januar, wir freuen uns schon.
Viele lieben Grüße und bis bald, Ulrike
Am Atlantischen Ozean
Das Bild geht auf eine Erfahrung bei unserer Portugal-Reise zurück. Wir haben an einem einsamen Strand im Atlantischen Ozean gebadet – wenn man das bei diesen Verhältnissen Baden nennen kann. Weit und breit war kein Mensch.
Das Wasser war sehr kalt und die Wellen sehr hoch. Die Brandung schlug mich jedes Mal nieder. Kaum hatte ich mich erhoben, kam die nächste Welle. Bis zu den eigentlichen Wellen sich durchzukämpfen war schon schwierig und mit Überwindung von Angst verbunden. Wir wussten nicht, ob Ebbe oder Flut war und das Meer sollte mit seinen Strömungen gefährlich sein. Ich habe es nur gewagt, unter der ersten Wellenreihe durchzutauchen.
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Diese Erfahrung des bedrohlichen Meeres wollte ich wiedergeben. Man kommt sich ganz klein vor und in der Überwindung der Angst an eine existentielle Grenze. Diese Grenze zu überscheiten bedarf schon einer Verankerung im Jenseitig-Religiösen. Diese Erfahrung soll das kleine violette Quadrat wiedergeben. Überwindung von Todesangst. Konflikt zwischen dem Anziehendem des Meeres, dem ewig bergenden Mütterlichen und dem Verschlingenden.
Das Mütterliche ist im Blau des Bildes dargestellt.
Ich habe das Bild schon am 16.7. fertiggestellt. Ich habe – bis auf das kleine Quadrat – mit Ölfarben gemalt, weil ich damit besser die Übergänge hinbekomme.
Ecce homo II
„Ecce homo I“ – Der gefolterte Mensch, ist 1984 entstanden. Ich drucke den dazugehörigen Text hier ab:
Das Bild ist entstanden, nachdem ich eine Ausstellung der Künstlerin Mahalyhegyi – Witthaut in Attendorn gesehen hatte. Die sehr deprimierenden, vom Leid der Menschen geprägten Bilder – sie waren zum Teil von schwarzen Streifen wie Gitterstäbe eines Gefängnisses durchzogen – hatten mich sehr beeindruckt. Den Erlös ihrer Bilder spendete die Künstlerin an amnesty international. Sie hat dann einige Zeit später – ich vermute auch deshalb, weil sie das Leid in der Welt nicht aushalten konnte – sich selbst umgebracht.
Man sieht hier einen gefolterten und sich in Auflösung befindenden Menschen, der im schwarzen Rahmen ausgespannt ist. Der schwarze Rahmen symbolisiert die schreckliche äußere Wirklichkeit und den Tod. Das Schreckliche des Bildes wird durch das rosa Gestirn aufgefangen. Rosa ist das durch Weiß zur Ruhe gekommene Rot. Das rosa Gestirn steht für den zeitlosen jenseitigen Frieden des zur Ruhe Kommens im Göttlichen. Wenn dieser Bezug, den das rosa Gestirn symbolisiert, aus der Wirklichkeit verschwindet, wird das Leben letzten Endes sinnlos und unerträglich.
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Man stelle sich dieses Bild einmal ohne dieses Gestirn vor.
Das Fehlen dieses Bezuges entspricht aber unserer heutigen Bewusstseinslage. Nach und nach ist die religiöse Dimension verloren gegangen.
Wie ist es zu „Ecce homo II“ gekommen?
Ingolf B. gestaltet meine Homepage. Statt Bezahlung wünschte er sich ein Bild von mir und schlug vor, das Bild „Ecce homo“ statt mit einem rosa mit einem grünen Gestirn für ihn zu malen. Dieses Ansinnen hat mich zunächst fast empört. Nicht nur, weil ich eigentlich keine Auftragsarbeiten mache, sondern ich hatte den Eindruck, dass dadurch der Sinn des ganzen Bildes verloren gehen würde – und Grün vielleicht nur deshalb, weil er bei der Partei „Die Grünen“ ist. Dazu war ich nicht bereit.
Wann und in welcher Situtation ich dann den Eindruck hatte, dass das vielleicht doch geht, weiß ich nicht mehr. Die Intuition hatte wohl damit zu tun, dass auch Grün eine Farbe ist, die beruhigend wirkt, die zur Ruhe kommen lässt, ähnlich wie Rosa als zur Ruhe gekommenes Rot. Zur Bedeutung von Grün ein Ausschnitt aus der Beschreibung meines Bildes „Erfahrung der blühenden Wüste – Einssein mit dem Grund“ (2001):
Grün steht für Vegetation und Leben. Wir sehnen uns nach einem harten Winter nach dem Grün des Frühlings. „Grün ist für die Wüstenvölker die Farbe des Lebens und Überlebens überhaupt. Darum ist Grün die Farbe der Fahne des Propheten Mohammed und seiner arabische Anhänge: Zeichen aller Materiellen und spirituellen Güter, Farbe des Heils.“ (Ingrid Riedel)
Die symbolische und archetypische Bedeutung von Grün ist so vielfältig, dass sie hier nur angedeutet werden kann. Es hat u.a. mit der „Heiligen Hochzeit“ zu tun, in der Altes sterben muss, damit neues entstehen kann und mit Ostern, dem Fest der Auferstehung im Frühjahr.
Ein weiterer Text aus der Beschreibund eines Bildes (“Energie Grün“ (2002)) kann die Bedeutung von Grün noch ergänzen:
O edelstes Grün, in der Sonne du wurzelst, du leuchtest in strahlender Helle im Kreis, den kein irdisches Sinnen begreift.“ (Hildegard von Bingen)
Grün steht im komplementären Kontrast zum Rot. Rot verlangt nach Grün und umgekehrt. Beide Farben bilden die Lebensgrundlage: Lebensenergie und Wachstum. Grün ist die Farbe des Lebens und der Hoffnung: „Wir brachen das Grün, um Ruhe zu finden, und es ist die überwältigende Vorherrschaft des Grün in der Flora unserer Welt, da es uns anzieht, weil es Bleiben und Frieden verspricht, aber es ist ebenso die anfängliche keimende Farbe, Hoffnung auf Werden und Wachsen…“ (E. Heimendahl)
Zur „Grünkraft“ hat Hildegard von Bingen interessante Vorstellungen entwickelt. Ich drucke einige Ausschnitte aus einem Buch von Ingrid Riedel dazu ab:
„Hildegards Sicht der Natur ist vor allem dadurch auszeichnet, dass sie den ganzen Makrokosmos und damit auch den Mikrokosmos des menschlichen Organismus von einer einheitlichen Kraft durchwirkt sieht. Allein darin ist sie genial. Sie erkennt die Wirksamkeit einer einheitlichen Energie im menschlichen Körper wie im gesamten Kosmos, eine einzigartige Vorstellung Hildegards in jener Zeit, die wir nirgendwo vorher und nachher finden: es ist die Energie der nobilissima viriditas, der »alleredelsten Grünheit«, die Farbenergie der Hoffnung, die sowohl die Natur wie auch das Vegetativum des menschlichen Körpers durchwirkt. Dieses alleredelste Grün ist in der Pflanze, im Blattgrün, im Chlorophyll, aber ebenso im menschlichen Körper vorzustellen, vor allem auch in der menschlichen Seele.
Viriditas ist eine symbolische Hoffnungskraft, eine Wachstumskraft überhaupt: das heilige Grün!“ Diese alleredelste Grünheit hat sie in einer ihrer schönsten Hymnen beschrieben, mit folgenden Worten:
Oh edelstes Grün das wurzelt in der Sonne und leuchtet in klarer Heiterkeit im Rund eines kreisenden Rades das die Herrlichkeit des Irdischen nicht fasst umarmt von der Herzkraft himmlischer Geheimnisse rötest du wie das Morgenlicht und flammst wie der Sonne Glut du Grün bis umschlossen von Liebe.
Hildegard von Bingen
Malen wir uns die Bilder, die sie für das Grün findet, noch einmal aus. Als das Grün von der Herzkraft himmlischer Geheimnisse umarmt wird, da erglüht es, da errötet es, da wandelt es sich in die Komplementärfarbe und Komplementärkraft des Rot. Mit den beiden Farben Rot und Grün und deren Energetik arbeitet Hildegard immer wieder. Das Rot ist ihr so nahe wie das Grün, es ist für sie der Feueratem Gottes, die flammende Liebe, die für sie vor allem von der Gestalt Christi ausstrahlt.
Doch auch das Grün gewinnt in einer ihrer Visionen Gestalt, gleichsam göttliche Gestalt.“ Es erscheint als eine Frauengestalt in einem grünen Seidenmantel, die das Rad des Kosmos von innen her erfüllt. Die Frauengestalt hält dieses kosmische Rad nicht von außen in der Hand, lässt es nicht von außen laufen, sondern sie erfüllt dieses Rad, das für sie zugleich der kosmische Kreis ist, von innen. Für Hildegard ist diese Frau die Verkörperung der Grünkraft, ist »Frau Weisheit«, ist Sophia.“
„Ein bedeutender Teil ihrer Schriften ist therapeutischen Themen gewidmet. Ihr bedeutendstes therapeutisches Thema aber scheint mir das von der göttlichen Grünkraft, der nobilissima viriditas zu sein, die alles durchwirkt und alles verbindet, wie sich in der Farbenergie des Grün bereits die Lichtkraft des Himmels, das Goldgelb der Sonne, mit der Tiefe des Irdischen, dem Blau des Wassers, verbindet. Heilung besteht bei Hildegard im Wiederanschluss des abgesonderten Menschen an seine göttliche Quelle, das Grün.“
Auf das Bild bezogen kann das heißen: nach dem „Kreuzestod“ strahlt die Erfahrung des neuen Lebens auf. Das so auf den einzelnen gefolterten Menschen bezogene Bild, könnte aber auch auf unsere gesamte ökologische Situation hin erweitert werden. Für die in „Todeswehen“ liegende Umwelt könnte mit der Kraft und der Hoffnung der Grünkraft zur Erhaltung der Schöpfung gearbeitet werden.
Zu Ehren von Vincent van Gogh, Die Sternennacht
Dem Bild habe ich den Titel „Zu Ehren von Vincent van Gogh, Die Sternennacht“ gegeben. Ich habe es am 25. März 2014 beendet. Es kann sein, dass der ein oder andere das Bild als etwas ungehörig ansieht, denn der Mittelpunkt des Bildes ist ein Druck des Gemäldes „Sternennacht“ von van Gogh. Hans-Gerd H. aus unserem Dorf hatte mir vor einiger Zeit einen alten Kalender mit großen Drucken von van Gogh gebracht, weil er ihn nicht einfach wegwerfen wollte. Das Bild „Sternennacht“ ist nun für mich eines der eindrucksvollsten Bilder von van Gogh. Als ich es sah, war ich wieder begeistert und was könnte ein Gemälde mehr vermitteln? Ich hatte dann die Idee, diesen Druck in entsprechendem Rahmen in die Öffentlichkeit zu bringen. Es passt ja durchaus in meine Quadratbilder mit schwarzem Rahmen. Der schwarz Rahmen stellt das Bild in unsere äußere Wirklichkeit. Aus dem weißen Hintergrund – der Transzendent – kommt dieses faszinierende Bild und es führt in diesen transzendenten Raum zurück.
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Wie Feuerwellen rollen die Gestirne über den Himmel oder stehen dort mit großem Hof. Der Himmel, der zwei Drittel des Bildes ausmacht, ist ganz durchleuchtet und in der rechten oberen Ecke steht eine orangene Mondsichel, die an ein Bild von C.D. Friedrich – ich glaube es heißt die Mondnacht – erinnert. Auch hier ein erhabenes Zeichen einer anderen Welt, das uns aber vertrauter ist, als die fernen Sterne. Ein Gegenpol zu der fast schwarzen Konifere in der linken unteren Ecke. Sie sieht aus wie eine finstere Flamme, die in den Himmel züngelt. Ein Dorf liegt friedlich im Schutz eines Waldes und von felsigen Bergrücken. Aus einigen Fenstern der Häuser scheint ein warmes Licht. In der Mitte des Bildes zeigt ein spitzer Kirchturm in den Himmel. Vielleicht hatte van Gogh eine Ahnung von der unendlichen Fülle und Energie des sogenannten Vakuums, des leeren Raumes, der eigentlich – wie uns die Quantenphysiker sagen – eher ein Plenum ist.
Damit das Bild nicht vergilbt, habe ich es mit einer Mischung aus Magnesiumcarbonat und Schreinerleim in Wasser aufgelöst von hinten bestrichen und dann aufgeklebt. Ich hoffe, dass das hilft.
14. Mai 2014
Gestern Nacht bin ich vor dem Schlafengehen noch auf den Balkon gegangen, weil der Vollmond schien. Unerwartet kam eine Stimmung von Freude und so etwas wie Geborgenheit in mir auf, etwas wie eine Märchenstimmung, wie ich sie manchmal als Kind erlebt habe. Der Mond bekam wieder ein Gesicht und schaute mich freundlich an, die weite Landschaft, die im entfernt im Dunst verschwand und die Schatten der Häuser des Dorfes nach rechts hin unter mir. Sie erinnerten mich an die „Sternennacht“ von van Gogh. Ich glaube das liegt daran, dass die Quantenphilosophie mir wieder eine Heimat im unendlichen Weltall gegeben hat, in der ich getrost leben kann.
Hardenberg (2018)
In der ganzen Zeit, in der ich für die Verlegung von Stolpersteinen in Meinerzhagen gekämpft habe, von etwa 2010 bis 20018, bin ich kaum dazu gekommen, ein Bild zu malen. – Bei einem Spaziergang fiel mir ein sehr schöner Blick von Westen auf Hardenberg auf. Um wieder mit dem Malen anzufangen, entschloss ich mich, einfach das Dorf zu malen. Ich machte ein paar Fotos und versuchte sie in ein Bild umzusetzen.
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Das war dann aber schwieriger, als ich mir das gedacht hatte. Wie sollte ich z. B. das vielfältige Grün, dass sich da vor mir auftat, in den Griff bekommen? Wie aus dem ganzen eine schöne farbliche Komposition machen? Und es sollte meine Liebe zu Hardenberg zeigen. Dazu war der rosa Himmel für mich sofort gesetzt.
Na ja, nachdem ich das Bild mehrmals aufgeben wollte, habe ich doch weitergemacht – wie bei vielen früheren Bildern: „ich mache es jetzt zu Ende, egal wie es wird“.
Zuerst war ich auch nicht sehr zufrieden, aber nach und nach gefällt es mir sehr gut.
Auch das positive Echo der Dorfbewohner und anderer Betrachter hat mich sehr gefreut.